©Institut für StadtgeschichteWas war das Neue Frankfurt? Kernfragen zum kommunalen Bauprogramm der 1920er Jahre
In den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg war sowohl eine stark sozial- und kulturorientierte städtische Verwaltung für Frankfurt charakteristisch als auch ein breites bürgerschaftliches Engagement; beides wirkte auf den gesamten Lebensraum ein. Vor allem die Leistungen des Oberbürgermeisters Ludwig Landmann und des Stadtbaurats Ernst May sowie die Mitarbeiter:innen des Hochbauamtes wie Martin Elsaesser, Adolf Meyer, Ferdinand Kramer oder Margarete Schütte-Lihotzky stehen immer wieder im Fokus der Betrachtung.
Zahlreiche Projekte im Wohnungs- und Industriebau sind erfolgreich umgesetzt worden: die Wohnsiedlungen Römerstadt (1927-28), Praunheim (1926-30), Bornheimer Hang (1926-30) oder Westhausen (1929-32) sind nur einige Beispiele des Siedlungsbaus, der innerhalb von nur 5 Jahren etwa 12.000 Wohnungen für die Frankfurter Bevölkerung schuf. Auch zahlreiche städtische Schulgebäude und ein Altenheim der Henry und Emma-Budge-Stiftung sowie Industrieanlagen wie das Elektrizitätswerk oder die Großmarkthalle gehören zu den Bauten, die den Ruf Frankfurts als Großstadt der Moderne etablieren sollte. Darüber hinaus wurde von Anfang an die Gestaltung öffentlicher Grün- und Sportanlagen mit in den Fokus genommen und realisiert.
Noch heute sind die meisten Wohnhäuser und Siedlungen sowie zahlreiche öffentliche Gebäude des Neuen Frankfurt in Funktion und sichtbar, werden gebraucht, bewohnt und genutzt. Andererseits ist das öffentliche Wissen über die Leistungen dieses Bauprogramms außerhalb der Fachgremien der Architektur- und Designgeschichte immer noch nur wenig bekannt. Dies soll mithilfe der Ausstellung geändert werden: Ziel ist es, einerseits ein breiteres Bewusstsein über die historischen Planungen zu etablieren und andererseits Fragen des Großstadtlebens und des Wohnens mit dem Blick der Gegenwart in die Zukunft zu tragen.
Die Ausstellung besteht aus einem medialen Raum, in dem im Rahmen des 100. Geburtstages die Kernfragen zum Bauprogramm gestellt und beantwortet sowie deren Initiativen, Personen, Aktionsfelder vorgestellt werden. Der mediale Raum versammelt dabei signifikante Objekte aus der Zeit des Neuen Frankfurt, Texte und eingesprochene Originalzitate, Bilder, Filme, Infografiken und Fotografien, die in konzentrierter Form davon erzählen, was das Neue Frankfurt war und weiter sein wird.
In diesem Initial-Raum und den dort formulierten Fragen werden jene Pfade angelegt, die zu vertiefenden Ausstellungen im Haus selbst, zu Partnerinstitutionen und in die RheinMain-Region führen; und letztendlich in das Veranstaltungsjahr der World Design Capital Frankfurt RheinMain 2026 hineinreichen und damit von einer aktualisierten Perspektive auf das Neue Frankfurt sowie anderen nationalen wie internationalen Gestaltungsbewegungen, welche immer auch zu veränderten Gesellschaftsmodellen führten, die Rede ist.
Kuratorin: Grit Weber
Als lebendiger Ort des Entdeckens richtet das Museum Angewandte Kunst seit seiner Wiedereröffnung im April 2013 und unter der Leitung des Direktors Prof. Matthias Wagner K den Fokus auf die Wahrnehmung gesellschaftlicher Strömungen und Entwicklungen, mit einem Schwerpunkt auf Design, Mode und Performativem.
Vor dem Hintergrund seiner bedeutenden Sammlungen will es Verborgenes sichtbar machen und Beziehungen schaffen zwischen den Geschehnissen und Geschichten rund um die Dinge. Die wechselnden Ausstellungen erzählen von kulturellen Werten und sich wandelnden Lebensverhältnissen. Darüber hinaus verweisen sie stets auch auf die Frage, was angewandte Kunst heute ist und sein kann und zeigen das ihr eigene Spannungsfeld zwischen Funktion und ästhetischem Mehrwert auf.
Mit neuen Präsentationsformaten geht das Museum Angewandte Kunst auf Distanz zu den traditionellen, aus dem 19. Jahrhundert stammenden Sammlungs- und Ordnungskriterien. An die Stelle einer Auseinandersetzung mit den Objekten allein aus ihrer Historie heraus ist ein Aus- und Verhandeln von zeit- und unzeitgemäßen Betrachtungen getreten, woraus Fragestellungen erwachsen, denen in thematischen Ausstellungen mit immer wieder neuen Objektkonstellationen begegnet wird.
Die 2014 eröffnete Präsentation Elementarteile. Aus den Sammlungen ist hierbei zentral. Für diese „museale Herzkammer“ wurden aus allen Sammlungsbereichen, Geografien und Zeiten Exponate ausgewählt, die gerade in ihrer Unterschiedlichkeit nebeneinander stehen. An dieser Stelle zeigt das Museum Angewandte Kunst sein Potenzial, legt seine Sammlungsgeschichte und den Ausgangspunkt kuratorischer Praxis offen.